Die Forschung und das „wahre Leben“- Augenärztliche Akademie Deutschland dauert bis zum 12. März
vom Donnerstag, 10. März 2016Fachgebiet: Ophthalmologie
Wissenschaftliche Studien liefern wichtige Grundlagen für die Behandlung von Krankheiten. In der täglichen Praxis ist jedoch auch die Erfahrung des Augenarztes unverzichtbar, um dem jeweils individuellen Patienten die für ihn beste Behandlung zu ermöglichen. Die Augenärztliche Akademie Deutschland (AAD), die größte Fortbildungstagung für Augenärzte und ihre Mitarbeiter im deutschsprachigen Raum, widmet sich bis zum 12. März dem Spannungsfeld zwischen Studien und augenärztlichem Alltag. Mehr als 5000 Teilnehmer werden bis zum Wochenende in Düsseldorf erwartet.
Bei der Entscheidung, welche Leistungen von gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden, stützt sich der Gemeinsame Bundesausschuss auf Empfehlungen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Dieses Institut fordert als Grundlage für seine Empfehlungen hochkarätige Studien. Prof. Dr. Bernd Bertram, der erste Vorsitzende des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands, machte deutlich, welche Folgen das für die tägliche Praxis hat: Den für viele Fragen des klinischen Alltags gibt es keine Antworten aus solchen groß angelegten Studien. Und so kann es sein, dass medizinische Untersuchungsmethoden und Behandlungsverfahren sich zwar in der Praxis bewährt und etabliert haben, dass die Krankenkassen sie aber mit dem Argument nicht bezahlen, es läge keine hochkarätige Studie als Beweis für ihren Nutzen vor.
Leitlinien sind wichtige Brücken, die das in Studien erworbene Wissen für die tägliche Praxis anwendbar machen. Vor kurzem erst ist die neue Nationale Versorgungsleitlinie „Prävention und Therapie von Netzhautkomplikationen bei Diabetes“ veröffentlicht worden, die Prof. Dr. Hansjürgen Agostini von der Universitäts-Augenklinik Freiburg bei der Auftaktpressekonferenz der AAD vorstellte. Sie fasst das aktuelle Wissen zu diesem Thema zusammen und bietet den behandelnden Ärzten und Patienten strukturierte und konsentierte Empfehlungen. Ziel der Leitlinie ist es, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu verbessern, um Augenkomplikationen bei Menschen mit Diabetes zu vermeiden beziehungsweise sie zum richtigen Zeitpunkt zu erkennen und zu behandeln.
Ein anderes Thema, das in der augenärztlichen Praxis häufig angesprochen wird, das aber eher selten Gegenstand klinischer Studien ist, sind Mouches volantes. Diese harmlosen Zusammenballungen von Kollagenfasern im Glaskörper des Auges können die Betroffenen irritieren, doch oft lassen die störenden Wahrnehmungen mit der Zeit nach. Eine Behandlung ist daher nur in seltenen Fällen notwendig, erläuterte Prof. Dr. Hans Hoerauf, Direktor der Universitäts-Augenklinik Göttingen. Wenn die Patienten sich massiv gestört fühlen, stehen gegebenenfalls zwei Verfahren zur Auswahl: Die operative Entfernung des Glaskörpers, die sogenannte Vitrektomie, bei der das Risiko-Nutzen-Verhältnis ausführlich mit dem Patienten besprochen werden muss, und die Nd:YAG-Vitreolyse, die im Vergleich zur Vitrektomie zwar nebenwirkungsärmer ist, jedoch nur bei einem Teil der Patienten in Frage kommt. Eine gründliche Voruntersuchung und eingehende Aufklärung der Patienten ist Voraussetzung der Behandlung.
Ein Untersuchungsverfahren, dass noch so neu ist, dass Augenärzte noch erforschen, welche Erkenntnisse sie daraus ziehen können, ist die OCT-Angiographie, die Prof. Dr. Nicole Eter, Leiterin der Universitäts-Augenklinik Münster, vorstellte. Das neue Verfahren ist eine einfach anwendbare Untersuchungsmethode. Ohne den Patienten zu berühren, werden hochauflösende Bilder erstellt, die die Blutgefäße in der Netzhaut des Auges detailliert darstellen. Es entsteht ein dreidimensionales Modell der Netzhaut, das zeigt, welche Netzhautschichten von krankhaften Veränderungen betroffen sind. Die Einsatzmöglichkeiten werden derzeit intensiv erforscht. Die Methode hat das Potenzial das bisherige Standardverfahren zur Darstellung von Blutgefäßen im Auge, die Fluoreszeinangiographie, im klinischen Alltag teilweise zu ersetzen.
Im Spannungsfeld zwischen Studien und „real life“ bewegt sich derzeit die Behandlung des Keratokonus, über die PD Dr. Philip Maier, Universitäts-Augenklinik Freiburg, sprach: Der Keratokonus ist eine seltene Krankheit der Augenhornhaut. Sie tritt typischerweise im Jugendalter auf und betrifft Männer etwas häufiger als Frauen. Die für die Erkrankung typische, fortschreitende Verformung der Hornhaut kann das Sehvermögen stark beeinträchtigen. Mit Brillen oder speziell angefertigten Kontaktlinsen kann der Sehfehler zunächst korrigiert werden. In Spätstadien kann nur eine Hornhauttransplantation den Patienten zu einem brauchbaren Sehvermögen verhelfen. Seit einigen Jahren hat sich das Riboflavin-UVA-Crosslinking als eine Behandlungsmethode durchgesetzt, die bei vielen Patienten das Fortschreiten des Keratokonus aufhalten kann.
BVA-Medienpreis
Der Medienpreis des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands wurde an die freie Journalistin Ann-Kathrin Landzettel verliehen, die unter anderem für das Online-Portal t-online.de schreibt.
Pressemeldung vom 08. März 2016, Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA)
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